Die Crème de la Crème - warum ist Madagaskar Bourbon Vanille so lecker?

Die Crème de la Crème - warum ist Madagaskar Bourbon Vanille so lecker?

Das erwartet Sie in unserem Artikel rund um das Thema Madagaskar Bourbon Vanille:

  • Madagaskar Bourbon Vanille gilt nicht umsonst als die beste Vanille der Welt
  • Auch heute noch wird Vanille fast komplett von Hand angebaut
  • Vanillin ist nur einer von vielen Teilen des einzigartigen Vanillegeschmacks

Gleich zu Anfang: nein, der verführerische Geschmack feinster Bourbon Vanille aus Madagaskar hat trotz des Namens nichts mit Whiskey zu tun. Den oft irreführenden Namen verdankt dieser rein natürliche Schatz der Inseln Réunion, die neben Madagaskar und den Komoren während der Kolonialzeit eines der Hauptanbaugebiete für Vanille war und damals noch Île Bourbon hieß.

Auch ist die „Vanilla Bean“ gar keine Bohne, sondern, wie im Deutschen treffender benannt, eine Schote, ähnlich wie man sie auch von Erbsen kennt.

Kein Missverständnis aber ist die unbestreitbare Qualität und der unvergleichliche Geschmack dieser exklusivsten aller Vanillesorten. Aber warum ist Bourbon Vanille ein so delikater Schatz, der seinen hohen Preis unbestritten wert ist?

 

Warum gerade Madagaskar?

Tatsächlich gibt es neben der Bourbon Vanille, die heute wie gesagt hauptsächlich von den Inseln im Indischen Ozean kommt, noch viele andere Varianten des leckeren Gewürzes. Insgesamt gibt es über 100 verschiedene Sorten der Vanilleorchidee (eine Verwandte der beliebten Zierpflanzen aus dem Gartencenter), aber kommerziell werden heute nur 2 Arten angebaut. Am weitesten verbreitet ist die Sorte vanilla plantifolia, aus der nicht nur die Madagaskar Bourbon Vanille sondern auch andere Vanillesorten aus Mexiko, Indien, Tonga, Uganda, Papua-Neuguinea und Costa Rica gewonnen werden.

Die einzige andere Vanillesorte, die heute im großen Stil kommerziell angebaut wird, ist vanilla tahitensis, die wie der Name vermuten lässt vor allem in Tahiti gepflanzt wird. Diese Sorte ist eine Kreuzung der vanilla plantifolia mit einer sehr seltenen Vanillesorte (vanilla odarata), die nur in Belize und Guatemala vorkommt.

Eine dritte Art, vanilla pompona, findet man vor allem in den Ländern Mittelamerikas, in der Karibik und in kleiner Zahl auch auf Madagaskar, aber ihr kommerzieller Wert ist aktuell kaum erwähnenswert.

Auch wenn über 80 % der heute produzierten Vanille aus Madagaskar kommt, stammt die Pflanze selbst eigentlich aus Mexiko und wurde früher auch vorrangig dort angebaut. Tatsächlich hatte Mexiko bis ins frühe zwanzigste Jahrhundert ein absolutes Monopol auf die Produktion von Vanille. Dies änderte sich erst ab 1910 als das Land nach der Mexikanischen Revolution neue Einnahmequellen suchte. Da kam es gerade recht, dass im Land große Ölreserven entdeckt wurden – leider genau in den Hauptanbaugebieten für Vanille. Die landwirtschaftliche Nutzung wurde weitgehend eingestellt und der vorhandene Wald abgeholzt. Hierdurch fiel die Luftfeuchtigkeit in der Gegend nachhaltig ab und machte weite Teile der Agrarflächen auch nach dem Ende des Öl-Booms für den Anbau von Vanille unbrauchbar. Zum Glück hatten die Spanier zu dieser Zeit die Vanille bereits nach Europa gebracht und viele Kolonialmächte, vor allem die Franzosen, das beliebte und teure Gewürz bereits in ihren tropischen Kolonien verbreitet.

Aber wenn dieselbe Pflanze heute in so vielen Ländern angebaut wird, warum schmeckt die Bourbon Vanille aus Madagaskar dann so viel besser als ihre Verwandten?

 

Ein Produkt aus Handarbeit

Ein Grund hierfür sind sicherlich die idealen Anbau- und Produktionsbedingungen auf Madagaskar. Vanille braucht wie gesagt eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit, um gut zu wachsen und zu reifen. Im Nordosten der Insel, der sogenannten Sava Region, gibt es dank der lokalen Meeresströmungen ganzjährig viel Regen und die Böden sind besonders reich an Nährstoffen – ideale Voraussetzungen für den Anbau von Vanille.

Der andere Grund für die Qualität der Bourbon Vanille ist ihre Produktion, die viel Zeit und Handarbeit erfordert. Tatsächlich konnten die aus Mexiko exportierten Pflanzen in den europäischen Kolonien auch lange nach ihrer Verbreitung gar nicht kommerziell gezüchtet werden. Der Grund dürfte Lesern unseres Pumpkin-Blogs auf American Heritage bekannt vorkommen. In Mexiko werden die ursprünglichen Vanillepflanzen von nur 2 lokalen und sehr seltenen Bienenarten bestäubt. Außerhalb von Mexiko kommen diese Bienen aber überhaupt nicht vor und lokale Insektenarten machen einen Bogen um die Vanilleblüten. Eine Lösung für dieses Dilemma wurde erst 1841 von einem zwölfjährigen Sklaven auf einer der Vanilleplantagen auf Réunion gefunden, erst Jahrhunderte nach der Entdeckung der Pflanze durch die Europäer.

Das Verfahren in dem die weiblichen und männlichen Teile der Blüte mit einem Holzstäbchen zusammengeführt werden, kann auch bis heute, aufgrund der fragilen Natur der Pflanzen und vor allem ihrer Blüten, nur von Hand durchgeführt werden und das separat für jede einzelne Blüte – ein riesiger zeitlicher und logistischer Aufwand.

Aber der Aufwand beginnt und endet nicht mit dem Bestäuben. Bis eine Vanillepflanze überhaupt Blüten trägt, muss sie ganze 3 Jahre lang sorgsam kultiviert werden. Die dann hoffentlich zahlreichen Blüten selbst blühen allerdings nur für weniger als 24 Stunden, oft sogar nur in einem 5 bis 6 stündigen Zeitfenster am späten Morgen und können nur während dieser begrenzten Zeit bestäubt werden, bevor sie absterben. Jede erfolgreich bestäubte Blüte wiederum produziert nur eine einzelne Vanilleschote, die nochmal wenigstens 6 Monate wachsen muss, bevor sie geerntet werden kann. Bestäubt werden die Blüten meist im November und die Ernte beginnt in den meisten Fällen erst im Juni.

Und als ob das Kultivieren der Pflanzen nicht schon aufwendig genug wäre, ist der Reifeprozess der Schoten nach dem Ernten nochmal ein ganz anderes Kaliber und so schwierig, dass nur wenige Einheimische den Prozess von Anfang bis Ende beherrschen. Die frisch geernteten Vanilleschoten sind, wie unsere Erbsen, grün und haben frisch von der Ranke tatsächlich keinerlei Eigengeschmack oder Aroma. Um den typischen Vanillegeschmack aus den Schoten zu kitzeln, müssen sie für ca. 30 Tage in der Sonne getrocknet werden. Anschließend werden die Bohnen in Laken eingewickelt und in der tropisch feuchten Nachtluft zum Fermentieren (umgangssprachlich auch „Schwitzen“ genannt) gebracht.

Für besonders hochwertige Vanille werden die Schoten aber nicht einfach während dieser Zeit sich selbst überlassen. Stattdessen massieren die Arbeiter die Schoten jeden Tag um eine gleichmäßige Produktion des Inhaltsstoffes Vanillin zu garantieren. Je nach gewünschter Qualität und Intensität der Vanille kann der gesamte Reifeprozess ab der Ernte 10 bis 12 Wochen dauern, bevor die fertige Vanille dann meist im September verpackt und an die Feinschmecker in aller Welt verschickt wird.

Wenn Sie mehr darüber erfahren wollen, wie aus den aromatischen Schoten letztendlich das köstlich reine Vanilleextrakt wird, das wir beim Backen auf keinen Fall missen möchten, dann lesen Sie in unserem Blog zum Thema Bourbon-Vanille-Extrakt auf American Heritage mehr über die Weiterverarbeitung.

 

Qualität hat ihren Preis

Es ist genau diese besonders aufwendige und langwierige Produktion, die den oft hohen Preis der Bourbon Vanille erklärt, die frisch von den Produzenten in Madagaskar gut und gerne $ 600 pro Pfund (aktuell fast 1.300 € pro Kilogramm) kosten kann. Hinzu kommt die heutige Monopolstellung der Produzenten in Madagaskar, die wie gesagt aktuell gut 80 % des weltweiten Produktionsvolumens abdecken. Zum einen können sich Kunden dadurch auf einen hohen Qualitätsstandard an Vanille verlassen, zum anderen sorgt diese Vormachtstellung allerdings auch dafür, dass in Jahren, in denen die Ernte auf Madagaskar schlecht ausfällt, die ohnehin schon teuren Preise weltweit nochmal um bis zu 50 % steigen können.

Der Hauptgrund für das Monopol Madagaskars auf die heutige Vanilleproduktion ist vor allem historisch begründet und beruht auf den Strategien der ehemaligen französischen Kolonialherren und ihrer lokalen Nachfolger, die die Produktion der Vanille zur eigenen Gewinnsteigerung möglichst auf ihre eigenen Territorien zu beschränken versuchten. Zwar sind viele dieser Anbaugebiete, wie Madagaskar, heute unabhängig aber andere, wie z.B. Réunion, sind noch immer sogenannte „Überseeterritorien“ Frankreichs. Ein interessanter Fakt nebenbei, der vielen vielleicht neu ist: Aufgrund seiner zahlreichen, über den ganzen Globus verteilten Départements, liegen fast 20 % von Frankreichs Landmasse außerhalb des europäischen Kontinents (bezieht man die jeweiligen ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZs), wie Küstengewässer, dieser Territorien mit ein liegen über 95 % der AWZs der Französischen Republik außerhalb von Frankreich und unser westlicher Nachbar, der im Atlas moderat klein aussieht, ist plötzlich eines der flächenmäßig größten Länder der Welt, neben Riesen wie den USA, Kanada, Russland, China und Brasilien) und auch wenn sie Bewohner der EU sind und deshalb den Euro zum Kauf von süßen Vanilleleckerbissen benutzen, leben fast 3 Millionen Franzosen fernab von Europa in so weit entfernten Orten wie Neukaledonien im Südpazifik oder Französisch-Guyana in Südamerika.

Auch nach dem Ende der französischen Kolonialverwaltung unternahmen die einheimischen Vanilleproduzenten viele Bemühungen, um ihre Vormachtstellung in der Welt zu sichern und leider waren nicht alle dieser Vorgehen fair. So führte ein Konglomerat aus einheimischen Produzenten Ende der 60er Jahre die sogenannte „Vanilla Mark“ ein. Offiziell sollte diese Kennung, ähnlich wie heutige Biosiegel, den Kunden auf einen Blick zeigen in welchen Produkten rein natürliche Vanille verwendet wurde. Den Kunden wurde auch genau dies über Werbekampagnen suggeriert. In Wahrheit aber wurden nur Produkte mit Madagaskar Bourbon Vanille mit der „Vanilla Mark“ versehen und andere Vanillesorten, auch wenn sie rein natürlich produziert wurden, von dieser Kennung ausgeschlossen. So zementierten Kunden, die eigentlich nur Ware aus biologischem Anbau unterstützen wollten, gleichzeitig die Vormachtstellung der Lieferanten aus Madagaskar während Produzenten aus anderen Ländern, trotz biologischen Anbaus, leer ausgingen. Zum Glück wurde die „Vanilla Mark“ in den 80ern ausgemustert, aber innerhalb des guten Jahrzehnts ihrer Benutzung hatte sie es erfolgreich geschafft viele globale Konkurrenten in den Bankrott zu führen.

Derartige Praktiken gehören heute aber der Vergangenheit an und die Nachfrage und Beliebtheit der Madagaskar Bourbon Vanille beruht, trotz neuer und alter internationaler Konkurrenz und dem unverändert hohen Preis, allein auf ihrem einmaligen Geschmack.

 

Das Zauberwort ist Vanillin

Das finale Ergebnis der lokalen Witterungsumstände auf Madagaskar und der harten Arbeit der lokalen Landwirte ist eine Vanilleschote, die besonders reich an Vanillin ist.

Das Wort kennen bestimmt viele schon aus dem Backzutatenregal im Supermarkt, wo man neben Vanillezucker auch oft kleine Päckchen „Vanillin“ findet. Natürliches Vanillin in den Schoten ist hauptverantwortlich für den typisch tiefen, warmen und reichhaltigen Geschmack hochqualitativer Vanille. Besonders der hohe und durch die sorgfältige Massage gleichmäßig in den Schoten verteilte Gehalt an Vanillin ist der Hauptgrund für den einmaligen Geschmack der Bourbon Vanille.

Warum sollte man dann nicht zum meist deutlich billigeren Vanillin-Päckchen aus dem Supermarkt greifen?

Aus 2 Gründen: Zum Ersten ist das Vanillin aus dem Supermarkt fast immer nicht natürlich sondern synthetisch hergestellt. Hierfür wird nicht die Schote der Vanillepflanze verwendet, sondern stattdessen die Rinde, die aufgequollen wird um Restvorkommen von Vanillin aus ihr zu extrahieren. Zweitens ist das Vanillin aus dem Supermarkt eben auch nur das – reines Vanillin. Und auch wenn Vanillin ein unabdingbarer Hauptbestandteil des typischen Vanillegeschmacks ist, enthalten Vanilleschoten noch über 250 andere natürliche Verbindungen, die weitere würzige, florale und nussige Noten zum typischen Vanillegeschmack beisteuern. Diese fehlen beim Supermarkt-Vanillin fast immer komplett, weswegen das Resultat so gut wie immer sehr künstlich und flach schmeckt im Vergleich zu Vanille aus der Schote.

Überraschenderweise hat die Madagaskar Bourbon Vanille zwar die dünnsten Schoten aller kommerziellen Vanillesorten, aber dank der idealen Witterung und der harten Handarbeit der lokalen Produzenten hat sie trotzdem mit 2,5 % den höchsten Anteil an Vanillin und damit den intensivsten Geschmack aller heute auf dem Markt vorkommenden Sorten.

Andere Vanillesorten sind zwar nicht objektiv schlechter als Bourbon Vanille, aber es gibt ganz klare Unterschiede im Geschmack. Die zweit meistverkaufte Vanille der Welt kommt aus Indonesien, ist aber z.B. weniger süß und cremig und hat deutlich holzige und mitunter sogar leicht rauchige Akzente. Die ehemalige Vanille-Hochburg Mexiko ist heute das drittgrößte Produktionsland der Welt. Die dortige Vanille hat leicht scharfe und würzige Akzente. Allerdings fehlt ihr das tiefe Geschmacksprofil, das durch die Witterungsumstände in Madagaskar hervorgestrichen wird. Auf Tahiti, dem viertgrößten Produzenten der Welt, wird wie schon gesagt eine abgewandelte Vanillesorte angebaut. Ihr Geschmack ist weniger intensiv, hat allerdings deutlich blumige Akzente und erinnert im Abgang ein wenig an Sternanis. Auf Platz 5 der Vanilleproduzenten landet dann noch Uganda. Vanille aus dem ostafrikanischen Land ist süßer und flacher im Geschmack und hat eine deutlich erdige Note. Das Land hat allerdings den Vorteil, dass dort, anders als z.B. auf Madagaskar, dank 2 regelmäßiger Trockenphasen mehr als einmal im Jahr geerntet werden kann und die Vanille darum meist etwas günstiger am Markt ist.

Zwar gibt es noch andere Länder wie Papua-Neuguinea und Costa Rica, die ebenfalls Vanille produzieren, aber aufgrund der sehr kleinen Mengen finden sich diese Sorten meist nicht in unseren Regalen. Nennenswert ist hier noch die indische Vanille, die sich wohl durch eine deutlich schokoladige Note von anderen Sorten unterscheidet.

Am Ende kommt es aber wie immer auf den Geschmack an und Umfragen in Europa und den USA haben gezeigt, dass ein Großteil der Verbraucher den einmalig tiefen Geschmack von Bourbon Vanille aus Madagaskar den Alternativen aus Tahiti, Mexiko & Co. vorzieht.

Und auch wir können dieses Urteil nur bestätigen. Harte Arbeit zahlt sich am Ende eben aus.

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